Klavier lernen mit der „Tastenzauberei“

Die Klavierschule von Aniko Drabon

Die in Ungarn geborene Pianistin Aniko Drabon hatte schon von klein auf Freude daran, anderen das Klavier spielen beizubringen. Daraus entstand die „Tastenzauberei“, eine bunte Klavierschule, von der bis heute schon sieben Bände erschienen sind. Lesen Sie hier, was Aniko Drabon zu ihren Werken bewegt hat und was die Schule so erfolgreich macht.

Liebe Frau Drabon, warum haben Sie eine eigene Klavierschule geschrieben?

Um diese Frage zu beantworten, muss ich weit ausholen.Die Wurzeln reichen bis in meine frühe Kindheit zurück, nach Ungarn, meinem Geburtsland. Meine Neigung und Liebe zur Pädagogik kann ich am besten durch eine lustige Episode veranschaulichen. Neben dem täglichen Klavierspielen habe ich schon als Kind meine eigene ‚Schule‘ für die jüngeren Nachbarskinder aufgemacht, damit sie bei mir als ‚Lehrerin‘ das Lesen und das Notenlesen erlernen können. Erstaunlicherweise haben meine selbst erfundenen Methoden gut funktioniert, denn nach einer Weile konnten manche ‚Schüler‘ meine schon früh komponierten kleinen Stücke spielen.

Mit dem ernsthaften Unterrichten begann ich bereits mit 19 Jahren: Parallel zum Musikstudium hatte ich ab dem zweiten Semester eine kleine Klavierklasse. Auch heute, 27 Jahre nach meinem Konzertexamen, ist das Unterrichten fester Bestandteil meines Lebens.

Nun konkret zu meiner Autorentätigkeit: Die damalige Musikpädagogik in Ungarn war ziemlich konservativ und steif. Neue methodische Ansätze waren in diesem Unterrichtssystem kaum zu finden und zu realisieren. Es gab insgesamt nur eine Klavierschule, aus der alle strikt unterrichten mussten.

Zum Glück hatte ich während meines Auslandsstudiums in Deutschland die Möglichkeit bekommen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Da ich selbstverständlich auch während dieser Zeit unterrichtet habe, konnte ich dabei alle modernen Klavierschulen in praktischer Anwendung ausprobieren.

Diese bunte methodische Vielfalt gefiel mir sehr gut, aber leider entsprach immer noch kein einziges Lehrwerk dem, was mir vorgeschwebt hat.

Erfreulicherweise ist es durch die generelle Offenheit innovativer Ideen gegenüber in Deutschland gut möglich, eigene Anregungen und Stücke in den Unterricht einzubringen, solange sie Lernerfolg und Motivation bringen. Durch das direkte Feedback meiner Schülerschaft konnte ich in vielen Jahren des Reifens meine Methode so lange überarbeiten und verfeinern, bis alle 7 Bände der Klavierschule „Tastenzauberei“ vollendet waren.

Tastenzauberei 1 Noten Tastenzauberei 1
Tastenzauberei Sing- und Spielheft 1 Tastenzauberei Sing- und Spielheft 1

Was wurden bisher für Erfahrungen mit Ihrer Klavierschule gemacht, haben Sie besonderes Feedback erhalten?

Ich war sehr überrascht, wie groß die Nachfrage nach einer neuen Klavierschule war, obwohl es ohnehin schon eine ganze Menge deutschsprachige Schulen gab. Offenbar hat da tatsächlich noch etwas gefehlt. Dies wird nicht nur durch die hohen Verkaufszahlen bestätigt, sondern auch durch die vielen herzlichen E-Mails und Zusendungen von Kollegen und Eltern, die sich persönlich bei mir für die Klavierschule bedanken. Es freut mich zu lesen, wie die „Tastenzauberei“ ihre Arbeit erleichtert oder eben ihr Leben bereichert.

Bemerkenswert ist, dass die Zuschriften aus aller Welt kommen, obwohl die Schule nur deutschsprachig erschienen ist. „Wann gibt es die ‚Tastenzauberei‘ endlich auf Englisch, Tschechisch, Koreanisch oder Arabisch? Wir haben sie doch schon für unsere Schüler übersetzt, sie sollte nur noch gedruckt werden.“ Leider musste ich bisher bei all diesen Anfragen die enttäuschende Antwort geben: „Der Musikverlag möchte der großen internationalen Nachfrage nicht nachkommen“

Da ich selbst davon überzeugt bin, dass die Musik eine internationale Sprache ist und sich die Kinder auf­ der ganzen Welt ähnlich sind, hab ich mich irgendwann gefragt. „Warum kann ich nicht für den Rest der Welt eine neue Klavierschule schreiben?“

So entstand der Plan, die Herausforderung anzunehmen, meine in den letzten Jahren weiter vertiefte pädagogische Erfahrung und die daraus resultierenden Erkenntnisse in eine neu konzipierte Klavierschule einfließen zu lassen. Das habe ich getan und ich kann schon so viel verraten, dass das neue Werk international erscheinen wird.

Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Schule?

Es ist nicht einfach, einen einzigen Schwerpunkt zu nennen, schließlich handelt es sich bei einer Klavierschule um eine hochkomplexe Sache. Somit liegt der Schwerpunkt paradoxerweise in der Balance, in der Ausgewogenheit zwischen den vielen Lernfeldern, die parallel behandelt werden müssen. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Grundschlag- Tempo- und Rhythmusempfinden, Notenlehre, Klaviertechnik, Musiktheorie, Gehörbildung, Improvisationselemente… in all diesen Bereichen müssen wir arbeiten. Werden die Fähigkeiten in allen Lernbereichen Hand in Hand weiterentwickelt, kann man von umfassendem und freudvollem Musizieren sprechen.

Tastenzauberei 2 Noten Tastenzauberei 2
Tastenzauberei 3 Noten Tastenzauberei 3
Tastenzauberei 4 Noten Tastenzauberei 4
Tastenzauberei 5 Noten Tastenzauberei 5

Was ist Ihre Idee hinter dem Aufbau der Bücher?

Wichtig sind kleine, aufeinander aufbauende Lernschritte, denn Überforderung kann schnell zu Motivationsverlust führen. Die Klavierschule wurde für Kinder mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Hintergründen und verschiedenen Altern geschrieben. Natürlich soll im Unterricht das Lerntempo individuell angepasst werden, sodass bei älteren oder sehr begabten Kindern keine Unterforderung entsteht. Ich denke, es versteht sich von selbst, dass solche ‚Notenfresser‘ einen Band nach dem anderen schnell und mühelos bewältigen können. Die Mehrzahl der Schüler braucht jedoch eine sanft abgestufte Steigerung der Schwierigkeitsgrades, damit sie den Anschluss nicht verlieren.

Ich muss zugeben, dass mir die lückenlose Progression des Lernstoffes bei der „Tastenzauberei“ nicht immer perfekt gelungen ist. An­ der einen oder anderen Stelle hätte noch ein Zwischenstück den ‚durchschnittlich Begabten‘ oder den ‚wenig Übenden‘ gut getan.

Ist Ihre Schule auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet, bzw. ist sie auch für Erwachsene geeignet?

In Europa beginnen die meisten Kinder im Alter zwischen 5 und 9 Jahren ihren ersten Klavierunterricht, deshalb ist die „Tastenzauberei“ auf diese Altersgruppe ausgerichtet. Ich bin nicht der Meinung, dass Vor-und Grundschulkinder quasi ‚kleine Erwachsene‘ wären, weshalb sie im Klavierunterricht ohne bunte Geschichten auskämen und sich lieber ‚auf das Wesentliche‘ konzentrieren müssten. Solche trockene Schulen für Kinder gab es schon genug in der Vergangenheit. Wie oft habe ich von Eltern und Großeltern den Satz gehört: „Wenn es Ihre Klavierschule bloß schon in meiner Kindheit gegeben hätte!“

Natürlich sind die Bilder in einem Lehrbuch nicht als Dekoration gedacht, sie sind hauptsächlich da, um den Lernstoff zu erklären. Das ist vor allem bei den Jüngsten von großer Bedeutung, die noch nicht mal das Alphabet kennen, wenn sie in die ersten Klavierstunden kommen. Genauso dienen die Reime und Liedtexte nicht nur dem bloßen Spaß: Sie erleichtern den Zugang zur Musik und führen die Kinder an die sonst sehr abstrakte Notenlehre heran.

Nicht selten habe ich schon Berichte davon gehört, dass die „Tastenzauberei“ auch bei erwachsenen Anfängern gut ankommt. Sie können die Bilder, Texte und Geschichten problemlos ignorieren und sich auf das ‚Wesentliche‘ konzentrieren: Hierbei werden immer die gut klingenden Stücke und der konsequente Aufbau der Bücher gelobt.

Jedoch ist die „Tastenzauberei“ keine Universalmethode. Das muss ja auch nicht sein, denn zum Glück gibt es eine vielfältige Auswahl an Klavierschulen, so dass jeder die für sich passende finden kann.

Tastenzauberei Weihnachtsmusizieren Tastenzauberei Weihnachtsmusizieren
Piano Masterworks Piano Masterworks

Was zeichnet Ihre Schule gegenüber anderen Schulen aus?

Da möchte ich gerne zwei Besonderheiten hervorheben:

1. Die „Tastenzauberei“ unterstützt auch die Arbeit mit der Auditiven Methode. Dies bedeutet, dass einige Stücke ganz ohne Noten, nach Gehör, also auditiv erlernt werden können. Diese für Kinder äußerst natürliche Lernmethode ist gut kombinierbar mit dem traditionellem Lernen nach Noten. Die beiden Methoden ergänzen sich dabei hervorragend im Lerneffekt. Das Material dazu haben wir zusammen mit dem Co-Autor Sven Voolstra in Form des „Sing- und Spielheftes“ entwickelt, das parallel zum 1. Band der Klavierschule eingesetzt werden kann. Somit wird gleichzeitig das Repertoire für das erste Unterrichtsjahr erweitert.

Die Begleit-CD des Heftes, die auch als mp3-Download verfügbar ist, ist ein wesentliches Unterrichtsmittel. Das Anhören der CD und das damit verbundene Kennenlernen der Lieder ist der Ausgangspunkt für das Erlernen der Melodien am Klavier. Alle Melodien werden deshalb zunächst als Liedfassung vorgestellt, mit Gesang und Instrumentalbegleitung. Die praktischen Schritte, die im Lernprozess der Auditiven Methode durchlaufen werden, lassen sich als hören – mitsingen – spielen zusammenfassen. Ich möchte immer wieder betonen: bitte keine Angst vor dem Singen im Unterricht! Hier kommt es weder auf die Qualität noch auf die Lautstärke des Singens an. Vielmehr geht es um das Mitsingen, Mitsummen mit den Audiofiles zum Einprägen der Melodien.

2. Die Intervalle werden gleich von Anfang an eingeführt. Das Hören und Erkennen musikalischer Strukturen unterstützt sowohl das Spiel nach Gehör als auch das Spiel nach Noten. Der Melodieverlauf mit dem entsprechenden spieltechnischen Zusammenhang wird besser vorstellbar. Deshalb ist die Intervalllehre mit vielen praktischen Übungen ein durchgehender Schwerpunkt der „Tastenzauberei“. Die Intervalle werden von Anfang an mit Hilfe von Bildern und Reimen kindgerecht veranschaulicht und mit den entsprechenden Klängen verbunden. Die musiktheoretischen Kenntnisse werden in der Praxis anhand der Lieder vermittelt und angewendet. Durch die koordinierte Anwendung aller oben genannten Elemente im Unterricht entfällt das mühsame Notenbuchstabieren, stattdessen verwirklichen wir unser angestrebtes Idealbild: Freude am lebendigen Musizieren zu vermitteln.

Vielen Dank!

Über die Autorin

Homepage: https://anikodrabon.de/

Geboren in 1972 in Eger (Ungarn). Sie begann das Klavierspielen mit 7 Jahren. Nach dem Abitur studierte sie Klavier an der Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest mit den Abschlüssen Musiklehrer, Kammermusik sowie Konzertexamen und erhielt sie ein Stipendium für ein Gaststudium an der Musikhochschule Freiburg.

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Nach dem Studium widmete sie sich vor allem der Kammermusik und der Klavierpädagogik. Als Pianistin hat sie in verschiedenen Ensembles bei zahlreichen Konzerten, Rundfunk-und CD-Aufnahmen mitgewirkt. Soloauftritte führten sie nach Ungarn, Deutschland, Italien und China. Zu ihrer klavierpädagogischen Tätigkeit gehört neben dem Unterrichten das Herausgeben von Klavierbüchern. Ihre Klavierschule „Tastenzauberei“ hat sich im deutschsprachigen Raum erfreulich schnell etabliert. Dank der großen Beliebtheit ihrer Methode wurde sie regelmäßig als Dozentin bei Fortbildungen an Musikschulen und Musikhochschulen eingeladen.

Aniko Drabon
Verband deutscher MusikschulenBundesverband der Freien MusikschulenJeunesses Musicales DeutschlandFrankfurter Tonkünstler-BundBundes­verb­and deutscher Lieb­haber-OrchesterStützpunkt­händ­ler der Wiener Urtext Edition

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