Mit Johann Walters "Geistlichem Gesangbüchlein" beginnt die Geschichte der mehrstimmigen evangelischen Kirchenmusik. Gleichzeitig stellt es zusammen mit dem Achtliederbuch und den Erfurter Enchiridien den Beginn der evangelischen Gesangbuchgeschichte dar und ist das bedeutendste Zeugnis der frühen reformatorischen Kirchenmusik. Es enthält neben fünf festlichen lateinischen Motetten 38 reformatorische Choräle in kunstvollen drei- bis fünfstimmigen Bearbeitungen. Zahlreiche Lutherlieder - praktisch die gesamte Liedproduktion Luthers der Jahre 1523 und 1524 - fanden Aufnahme darin.
1525 kam in Worms bei Peter Schöffer d. J. (um 1480-1547) ein Zweitdruck des im Jahr zuvor in Wittenberg erstveröffentlichten Werks heraus. Die Ausgabe umfasste Stimmbücher für Discant, Alt, Tenor, Vagant und Bass. Luthers Vorrede sowie die Liedtexte mit allen Strophen waren im Tenor-Stimmbuch abgedruckt. Da von der Wittenberger Erstausgabe nur zwei Stimmbücher erhalten sind, stellt der Wormser Zweitdruck die älteste komplett erhaltene Fassung des Gesangbüchleins dar. Er liegt der praktischen Neuedition durch Christian Schmitt, Kantor an der Lutherkirche Worms, zu Grunde.
Als Vorlage diente der Faksimile-Nachdruck der fünf Stimmbücher (Johann Walter: Das geistliche Gesangbüchlein ("Chorgesangbuch"); Faksimile-Nachdruck des Zweitdrucks Worms 1525; herausgegeben von Walter Blankenburg; Documenta Musicologica, Erste Reihe: Druckschriften-Faksimiles XXXIII, Kassel 1979.) Zum Vergleich wurde auch die öffentlich zugängliche Ausgabe von O. Kade (1878) herangezogen, die seinerzeit aus den verschiedenen Ausgaben des Gesangbüchleins zwischen 1525 und 1551 die mutmaßliche Originalgestalt der Wittenberger Erstversion herausarbeitete, u.a. aber wegen der Verwendung alter Schlüssel für die heutige Praxis nur sehr wenig geeignet ist.
Angesichts der Tatsache, dass ältere (Gesamt-)Ausgaben der Stücke des Gesangbüchleins schon lange vergriffen sind bzw. dass längst nicht alle seiner Sätze in anderen praktischen Sammlungen verfügbar gemacht worden sind, galt es, eine neue, zwar möglichst originalgetreue, aber für die heutige Praxis nutzbare Edition des Schöffer'schen Drucks von 1525 vorzulegen, nicht zuletzt auch, um der Bedeutung der Stadt Worms sowie der Druckerwerkstatt Peter Schöffers d.J. für die Verbreitung reformatorischen Gedanken- und Kulturguts gerecht zu werden.
Im Anhang des Notenhefts werden Walters Gedicht "Lob und Preis der löblichen Kunst Musica" (1538) sowie die diesem vorangestellte "Vorrede auf alle guten Gesangbücher" von Martin Luther wiedergegeben.
Ein Editionsbericht führt die vorgenommenen Korrekturen bzw. alternative Lesarten auf.